Die österreichische Justiz setzt einen bedeutenden Schritt, um die jahrzehntelange Diskriminierung und Verfolgung queerer Menschen aufzuarbeiten. Mit einem neuen Mahnmal, das in allen Landesgerichten Österreichs installiert wird, sollen Friedenstauben in Regenbogenfarben an das Leid und die Ungerechtigkeit erinnern, die queere Menschen durch staatliche Maßnahmen erfahren haben. Justizministerin Alma Zadić betonte bei der Vorstellung des Mahnmals die Notwendigkeit, die Geschichte der Verfolgung sichtbar zu machen und die Justiz für ihr Handeln zur Verantwortung zu ziehen.
Die Initiative steht im Zeichen eines umfassenden Prozesses, der bereits 2021 begann, als sich Zadić erstmals offiziell im Namen der Regierung bei den Opfern der rechtlichen Diskriminierung entschuldigte. „Es ist unerlässlich, das erlittene Unrecht anzuerkennen und Maßnahmen zur Wiedergutmachung zu ergreifen“, sagte Zadić. Die symbolischen Friedenstauben tragen kleine Briefe, die die Entschuldigung der Justiz verdeutlichen. Zudem ist jede Taube mit einem QR-Code versehen, der zu einer neu eingerichteten digitalen Gedenkplattform führt: diskriminiert.at. Auf der digitalen Plattform diskriminiert.at wird die lange Geschichte der Verfolgung queerer Menschen in Österreich dokumentiert.
Entschädigung und Rehabilitierung
Neben dem Mahnmal und der digitalen Aufarbeitung hat die Justizministerin auch einen Entschädigungsfonds für jene eingerichtet, die aufgrund ihrer Sexualität verurteilt wurden und noch am Leben sind. Diese Betroffenen wurden zudem rehabilitiert, was bedeutet, dass ihre Verurteilungen offiziell zurückgenommen wurden. Michael Woditschka, selbst Opfer einer solchen Verurteilung, berichtete bei der Pressekonferenz von seiner Erfahrung: „Ich wurde verurteilt, weil ich liebte.“ Mit 19 Jahren galt er plötzlich als Sexualstraftäter, nur weil er einen Mann liebte.
Woditschka sieht in der neuen Gedenkinitiative einen wichtigen Schritt, um das Bewusstsein für die immer noch bestehende Diskriminierung zu schärfen. „Es ist wichtig, dass wir uns tagtäglich gegen Diskriminierung einsetzen und die Vergangenheit nicht vergessen“, so der Betroffene.

Ein Schritt zur Gleichstellung, aber noch nicht das Ende
Obwohl die Aufarbeitung der Vergangenheit ein wichtiger Schritt ist, bleibt die vollständige rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von LGBTIQ-Personen in Österreich ein unerfülltes Ziel. Historiker Andreas Brunner, Leiter von QWien erinnert daran, dass die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller erst 2002 vollständig aufgehoben wurde und die Gleichstellung im Antidiskriminierungsrecht bis heute nicht erreicht ist. Die Gesellschaft müsse weiterhin für Toleranz und Akzeptanz kämpfen, wie Zadić betonte.
Die Errichtung des Mahnmals und die digitale Gedenkplattform sind jedoch zentrale Meilensteine in diesem Prozess. Sie machen die lange und schmerzvolle Geschichte der Verfolgung sichtbar und ermahnen die Gesellschaft, weiterhin für die Rechte aller Menschen einzutreten – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.